Rudern

Vor 50 Jahren, Dienstag, 22. September

Gustav W. Heinemann auf dem Goldkanal

Mit dem Bundespräsidenten im Ruderboot / Sicherheitsbeamte begleiteten mit „Moby Dick“

Rastatt/Elchesheim-Illingen(rw). Wenn man Peter Hacker, den ehemaligen Hochbauamtsleiter der Stadt Rastatt, anspricht, da macht er den 22. September 1970, als er mit Bundespräsident Gustav W. Heinemann auf dem Goldkanal im Ruderboot saß, wieder lebendig. Der titulierte „Bürgerpräsident“ Heinemann war vor 25 Jahren nach Rastatt gekommen, um die Einrichtung einer „Erinnerungsstätte für die Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte in der ehemaligen Barockresidenz zu sondieren.

Heinemann kam auf Rastatt als Dokumentationsstätte für die Geschichte demokratischer Bewegungen durch den Bruder seines Urgroßvaters Carl Walter. Der hatte im Rahmen der Kämpfe um die Durchsetzung der Reichsverfassung 1849 erst am Elberfelder Aufstand, dann an den Kämpfen in Baden teilgenommen und wurde verwundet. Dachdeckermeister Walter starb als Gefangener in den Rastatter Kasematten.

Bei seinem ersten Rastattbesuch 1970 übernachtete Bundespräsident Heinemann im seit 1983 nicht mehr vorhandenen Hotel „Zur Blume“ neben dem Rathaus. Bei einem Abendessen zu Ehren des Staatsoberhaupts war auch das passionierte Mitglied des Ruder-Clubs Rastatt (RCR), Bürgermeister Otto Ertel, zugegen. Der schwärmte vom damals neuen Ruderrevier der Rastatter am Goldkanal. Da erinnerte sich Gustav Heinemann an seine eigene Ruderei während der Studienzeit. Spontan wurde am nächsten Morgen ein Rudertermin vereinbart. Otto Ertel trommelte die Mannschaft zusammen und versorgte den Bundespräsidenten mit dem Vereinstrikot, Sportschuhen und einem Trainingsanzug aus seinem damaligen Sportgeschäft.

Im Morgendunst des Goldkanals brachte man den Riemenvierer „Gust’l Moritz“ auf das Wasser. Gesteuert wurde das Holzboot vom späteren Bürgermeister Bernd Wafzig und neben Otto Ertel gehörten der Textilkaufmann Hans-Jürgen Rexroth und Ruderwart Peter Hacker zur Mannschaft  mit Gustav Heinemann.

Schweißperlen hatten die begleitenden Sicherheitsleute auf der Stirn. Ein Aufatmen gab es, als man von RCR-Seite ein begleitendes Motorboot mit dem Namen „Moby Dick“ organisierte. „Die Tour war kurz, aber die Stimmung herzlich“, erinnert sich Peter Hacker. Er ließ es sich auch nicht nehmen, dass sich der Bundespräsident hinterher in das Fahrtenbuch eintrug.

Im Jahr 1974, kurz vor dem Ende seiner Amtszeit, kam Gustav W. Heinemann wieder nach Rastatt. Bei einem offiziellen Festakt wurde die heutige „Bundesarchiv-Erinnerungsstätte“, eine Außen-stelle der staatlichen Einrichtung, eröffnet. Gustav Heinemann starb am 7. Juli 1976 und hinterließ ein Schmankerl, das in den Chroniken der Ruder-Club-Rastatt festgeschrieben wurde.


Bild: Vor 50 Jahren, am 22. September unternahm der damalige Bundespräsident Gustav W. Heinemann nach dem Treffen mit Bürgermeister Otto Ertel einen Rudertrip mit Hans-Jürgen Rexroth, Peter Hacker und Steuermann Bernd Wafzig auf dem Goldkanal.
Foto: Sammlung Wollenschneider