Ruhr pur 2010: ein Klassiker neu aufgelegt
Für den unbedarften Leser gleich eine Warnung vorweg: dieser Artikel wurde mangels sonstiger Bewerber von der Fahrtenleitung („FL“) selbst verfasst. Sollte also der vage Verdacht aufkeimen, es herrsche eine einseitige Berichterstattung, so stimmt das wahrscheinlich. Ähnlich wie schon 2007, als es den RCR schon einmal auf die Ruhr zog.
Doch nun zu den Etappen unseres kleinen Abenteuers:
Dienstag, 01. Juni
Wir treffen uns zum Verladen der Boote. Das Wetter der vergangenen Wochen hat den Rheinpegel bedenklich wachsen lassen, und die Strömung in den See des Paddelclubs zeigt: er steigt zügig weiter! Immerhin würde uns auf der Ruhr ein fürstlicher Wasserspiegel unbeschwert über die Untiefen der berüchtigten „gelben Mauer“ hinweg gleiten lassen – doch können wir unsere Autos derweil am RCR stehen lassen?
Das Verladen läuft wie am Schnürchen, wie durch ein Wunder passt alles Gerödel in die Staufächer und niemand merkt, dass die emsige FL ihre über Wochen akribisch erstellte Packliste zu Hause liegengelassen hat. Die von Maria fristgerecht angelieferte Freßkiste ist beruhigend schwer: wir werden nicht hungern müssen.
Auch die sonst erratisch arbeitenden Positionslampen des Anhängers leuchten brav beim Lichttest.
Im Rahmen des sich anschließenden kreativen Bierumtrunks entschließt sich die FL beschwingt, die Fahrzeugpapiere samt Ersatzschlüssel sicherheitshalber (man weiß ja nie …) im Pult zu verstecken. Eine Entscheidung, die sich noch rächen soll.
Mittwoch, 02. Juni
Das Wetter ist und bleibt nass. Es mehren sich Bedenken, man solle die Autos lieber nach Illingen stellen, als sie am Goldkanal fahrlässig den Rheinfluten zu überlassen. Wir sind jedenfalls froh, unsere Schlafsäcke im Bus verladen zu haben: Wer weiß schon, wie dicht unser Anhänger wirklich ist?
Donnerstag, 03. Juni
Pünktlich um 7:30 landen die letzten Gepäckstücke im Bus und die Reise beginnt. Ermutigt vom Wetterbericht lassen wir die Autos am RCR stehen. Die FL ist entspannt, bis ihr der Gedanke an die Fahrzeugpapiere durchs ansonsten leere Hirn zuckt: Ei der Daus!
Die stehen unglücklicherweise nicht auf der nun wieder aufgetauchten Packliste. Die Holaktion kostet uns wertvolle Minuten, doch die Fahrt verläuft mit Admiral Alb am Steuer problemlos und nach kurzer Zeit weicht das Grau am Himmel gemäß generalstabsmäßiger Planung der FL strahlendem Sonnenschein, gekrönt in der Pipipause von Marias frischem, saftigen Kuchen.
In Schwerte findet Martins Navi rasch den Weg zum örtlichen Paddelclub – unterstützt von einem Einheimischen, der unserem Gespann das Ziel irgendwie angesehen haben muss.
Dort begrüßt uns Linus, unser Agent vor Ort, mit frischem Bier und griechischem Salat.
Nachdem die Boote bereit sind, zaubert Maria ein Festbankett auf die unter einem Sonnenschutz für uns bereitstehenden Tische. Perfekt organisiert, möchte man sagen. (Zufall, würde eine ehrliche FL entgegnen.)
Sogar ein kariertes Tischtuch findet sich im Proviantkoffer. Freudige Erwartung keimt auf, doch – oh Schreck: Das Rinnsal soll die Ruhr sein, die laut Karte ab hier ruderbar sei? Wo ist denn der ganze Regen der letzten Wochen geblieben, den die FL eigens zum sicheren Passieren der Untiefen organisiert hatte? Die FL beruft hastig eine Obleutebesprechung ein und setzt flugs die erfahrensten Leute ans Steuer.
In der Tat gelingt die Fahrt durch das Rinnsal mit der sprichwörtlichen Handbreit Wasser unterm Kiel – unterbrochen jedoch von drei Wehren, die umtragen werden müssen. Die FL heitert die allmählich murrende Mannschaft beherzt mit der akrobatischen Demonstration einer ganz anderen Art Nutzung des Bootswägelchens auf.
Am Abend erreichen wir den RC „Westfalen“ Herdecke. Detective Dütsch spürt zu unserer Rettung irgendwo im Clubhaus noch stille Klopapierreserven auf, und frisch geduscht eröffnen wir ein weiteres Bankett mit unserem karierten Tischtuch, diesmal mit badischem Wein und malerischem Blick auf die Ruhr. So lässt sich’s leben!
Unser Schlafsaal bietet mit einem entzückenden Separée im Turmanbau ein gebührendes, fürstliches Schlafgemach für die Luftmatratze der FL.
Freitag, 04. Juni
Der Morgen beginnt entspannt mit einem zünftigen Bankett auf – was sonst? – dem karierten Tischtuch, bis jäh ein Streifenwagen vorfährt, dessen Insasse, nachdem er im Park vor dem Club einige einheimische Schnapsleichen vom Vorabend zur Ordnung gerufen hat, nach unserer Fahrtenleitung verlangt.
Oh Schreck!
Er entpuppt sich jedoch „nur“ als der Vereinsvorsitzende, der die Übernachtung abrechnet, den verstopften Ausguss zutiefst bedauert und uns allerhand nette Geschenke mit auf den Weg gibt. Da er im Dienst ist, lehnt er den frischen, dampfenden Kaffee höflich ab.
Der Pegel Hattingen ist an diesem Brückentag telefonisch nicht erreichbar, doch unser Polizist meint, die „gelbe Mauer“ sei sicher zu passieren. Also auf! Die Fahrt verläuft ruhig, bis die Stromschnellen den wackeren, tollkühnen Steuerleuten alles Geschick abverlangen. Da ist nicht viel Reserve!
Zur Belohnung gibt’s ein wundervolles Mittagsmahl auf der uns so vertrauten Tischdecke im malerischen, schattigen Garten des RC Witten. Die nächsten Wehre sind Routine, so erreichen wir planmäßig den wunderschön am A… der Welt gelegenen RV Blankenstein, wo wir schon freundlich begrüßt werden. Bevor wir uns zum kühlen Getränk niederlassen, darf ein Ausflug zur Burg nicht fehlen, wo uns die Aussicht aufs Ruhrtal bannt.
Der Clubwirt scheint am Tresen festgewachsen zu sein, erklärt sich aber auf ausdrückliche Anfrage durch die FL bereit, dort Getränke einzuschenken, welche die FL draußen serviert. Sein Abrechnungsalgorithmus wird uns immer ein Rätsel bleiben, immerhin weiß er nun aber, was ein „Spezi“ ist.
Am Wehr Blankenstein überprüft Daniel fachmännisch die Breite des angeblich unter der trüben Wasseroberfläche befindlichen Steges und kommt triefend zu dem Schluss, dass diese zu gering und das Wasser recht schmutzig ist. Die von den Einheimischen als hilfreich zum Einsteigen geschilderte Kiesbank im Unterwasser lernt die Uggele-Besatzung beim Ablegen von allen Seiten recht gut kennen, aber nicht so recht schätzen.
Den putzigerweise einsam auf einem Hügelchen gelegenen Hattinger RV erreichen unsere Boote ohne wesentliche Hilfe der museumsreifen Bootswinde: wir sind mit Schieben einfach schneller! Das muss am Hunger und dem lockenden Hattinger Stadtfest liegen.
Dort verlieren wir schon nach wenigen Minuten Martin A., der sich in eine quietschgrüne Vespa verliebt hat. Um weiteren Verlusten vorzubeugen, kehren wir rasch im „Pfannkuchenhaus“ ein. Mit dem Hinweis, die Küche schließe um 22Uhr wird unsere 21:57 hastig aufgegebene Bestellung zwar angenommen, die Crêpes zum Nachtisch aber strikt abgelehnt. Na, ein Bier tut’s auch.
Die FL legt sich im Bootshaus mangels Turmzimmer distinguiert in der Küche zur Ruhr, äh, nein: Ruhe.
Samstag, 05. Juni
Das Frühstück unter dem Motto „das Brot darf jetzt alle werden“ macht uns fit für den Tag, und obwohl allerhand Schauergeschichten der Eingeborenen Zweifel schüren, entschließt sich die FL beherzt, die nahe Bootsrutsche zu benutzen. Da unser Vereinsmitglied Boris sie konzipiert hat, haben wir ja wenigstens einen Schuldigen, wenn’s schief geht.
Eine vermeintliche billige Plastikschildkröte auf einem Reisighaufen im Wasser dreht gelangweilt ihren Kopf zu uns, als wir Anlauf nehmen. Und – hei, was für ein Spaß!
Der Pegel Hattingen taucht am Ufer auf und bestätigt eindrucksvoll unseren Eindruck des Vortags von der gelben Mauer: ab 1,25m ist die Stelle laut Karte befahrbar – der Pegel zeigt stolze 1,26m! Wenn das keine perfekt organisierte Fahrt ist!Das läppische Wehr Dahlhausen passieren wir natürlich über die Rutsche, wir haben ja jetzt Routine. Die folgenden zwei Rutschen jagen uns allerdings doch irgendwie Respekt ein, so dass wir die Gelegenheit beim Schopfe packen, unsere Umtragetechnik weiter zu perfektionieren.
Kurz vorm Steeler RV gelingt es der Uggele-Mannschaft spielend, einen einheimischen Jugendtrainingsvierer zu überholen, wobei Meike nach eigenen Angaben allerdings fast hätte schnaufen müssen. Dafür gab’s dann gegenüber dem Verein eine gute Stärkung im Uferbiergarten
Sonntag, 06. Juni
In das Frühstücksbuffet schlagen wir eine tiefe Schneise und uns für unsere Schlussetappe kräftig die Bäuche voll.
Am ETUF darf unser Ruderbus auf dem Vereinsgelände ganz zünftig neben einem schwarzen Jaguar parken.
Vorbei an für den Laien trotz Marias rührigen Erklärungsversuchen merkwürdig anmutenden Kunstinstallationen im See steuern wir die letzte Umtragestelle an, das Wehr Baldeney. Den Unkenrufen der hiesigen Ruderer zum Trotz entpuppt sie sich als die komfortabelste der ganzen Strecke und wird routiniert in Rekordzeit gemeistert.
Am Endziel Kettwig sind flugs die Boote abgeriggert und verladen und ein wunderschöner Biergarten verwöhnt uns ein letztes Mal mit Köstlichkeiten, bevor unser Bus uns zurück nach Rastatt bringt. Die fehlende Tischdecke tut der Euphorie keinen Abbruch, doch der unterwegs bald einsetzende Gewitterregen ruft uns jäh in die Realität zurück: diese vier Sonnentage waren nur ein von der FL eigens für die Fahrt arrangiertes Wetterintermezzo. Nun ist wieder Alltag.
Das Abladen geschieht dennoch ohne Murren und jeder packt an, denn diese Fahrt hat aus den Teilnehmern eine wahre Mannschaft gebacken. Alle haben zum Gelingen ihren Teil beigetragen, dafür einen dicken Dank!
Unser Fazit:
Eine Fahrt zu organisieren ist eigentlich gar kein Problem – man muss einfach nur alles perfekt einfädeln. Wir haben beschlossen, es wieder einmal zu probieren, Nachahmer und Mitmacher sind stets willkommen!
Nur als Tipp: kariertes Tischtuch mitnehmen, Fahrzeugpapiere nicht verstecken!