...mit Gigs gemütlich auf der Donau unterwegs!
Am zweiten Juli 2022 in aller Herrgottsfrüh sitzen 9 Leute im RCR Bus und vier weitere im Auto von Matthias. Ein langer Weg nach Bayern liegt vor uns. Andächtig haben wir das von Corina in akribischster Arbeit ausgetüftelte Programm verinnerlicht und freuen uns auf Kloster, Städte, herzhaftes Essen, Helles und anderes Bier, die Gemeinschaft und ach ja, auch aufs Rudern, dem Vorwand unserer Lustreise.
Nach kurzweiligen viereinhalb Stunden - Ruderer reden immerfort – kamen wir östlich von Ingolstadt in einem unscheinbaren aber hübschen kleinen Ort an der Donau an. Hinter dem mächtigen Damm haben wir uns erst mal mit unserem Gespann über die gesamte Rampe gestellt und routiniert die Boote aufgeriggert. Zu Essen gabs dann auch was und schon gings los auf dem großen Fluss. Aber halt, die Donau ist dort noch gar nicht groß! Es ist noch ein wirklich idyllisches Flüsschen mit schöner Strömung, überhängenden Bäumen, flachen Ufern und kaum Bebauung. Die Südseite muss ein Naturgebiet sein, so schön ursprünglich ist alles. Unsere zwei gesteuerten Vierer glitten also gemächlich, und nicht nur wir, sondern allerlei andere Boote und Bötchen freuten sich über die Idylle. Ein wahrer Genuss. Die Zeit verrann, die Landschaft liebelte so vor sich hin und nach einiger Zeit kamen wir dann am weitläufigen Strand vom Kloster Weltenburg an.
Einige hatten genug von der Natur und es wurde heftig über die richtige Landungsstrategie fabuliert. Da der Landungsplatz in einer scharfen Rechtskurve direkt in den Donaudurchbruch mündet, Felswände und starke Strömung links, musste das Manöver gedanklich gut durchdacht sein. Wie so oft im Leben kamen beide Fraktionen heil an Land, die Nachdenklichen und die Unbedenklichen. Auffallend war, wie schön der Strand war, nur große rundgeschliffene Kieselsteine in wunderbaren Farben, eine Augenweide. Überhaupt ein idyllischer Ort und die Klosterbrüder hatten das, wie so oft auch hier erkannt und sich die Lage gesichert. Durch die Zölle war auch für die Einnahmen gesorgt. Übrigens ist das Wort Donaudurchbruch nicht ganz korrekt, denn den Durchbruch von 180 m Tiefe hat nicht die Donau, sondern ein anderer Fluss geschafft und die Donau, die ursprünglich nördlicher über die Altmühl Richtung Regensburg floss, hat sich ins gemachte Bett gelegt und nur weitere 10 Meter ausgeschürft. Das ist aber schon eine ganze Weile her.
Da es dort so schön ist, war es, vor allem im Klosterhof auch gut voll. Nach bayrischem Speis und Trank und der Besichtigung der hyperbarocken Klosterkirche gings dann Richtung Unterkunft. Sehr ordentlich, sehr aufgeräumt, sehr große Anwesen, erstaunlich wie das in Bayern geht. Beim Abendessen bekamen wir Musik eine Blaskapelle, denn der örtliche Kriegerverein hatte die jährliche Totenehrung auf dem Friedhof und danach wurde die versammelte Mannschaft frontal durch den Musikverein mit schönen Liedern bespielt. Die Männer saßen in Gedanken an die Kameraden stoisch vor Ihrem Weizen an den aufgestellten Bierbänken. Ein einprägsames und andächtiges Schauspiel. Die Tradition, die Angehörigen des Militärs über Generationen zu ehren und zu herdenken lebt in Bayern und eigentlich ist es auch gut so, jemand soll das Land verteidigen und im Fall nicht vergessen werden.
Vor dem Abendessen waren wir noch beim Hundertwasserturm in Abensberg. Da hat ein Brauer, der Kuchelbauer, dem Umsatz willen, den Hundertwasser gefragt, um nach seinen Ideen einen Turm zu einem Biergarten zu bauen. Hundertwasser sagte zu, starb aber schnell und eigentlich hat es dann ein anderer komplett entworfen und gebaut, ähnlich wie bei der Donau mit dem Bett. Es ist trotzdem sehr schön geworden und beschränkt sich nicht nur auf den Turm, sondern auch auf alle Gebäude der Brauerei. Der Biergarten ist sehr gemütlich und man würde sich wünschen, dass in viel mehr modernen Bauten reiche und phantasievolle Verzierungen angebracht werden würden. Es war toll! Auch das Bier im Garten hat geschmeckt.
Morgens gings dann wieder zurück zu den Booten an der Steilwand. Da die Überreste des Römerkastells Abusina beinahe auf dem Weg lagen, haben wir das auch besucht. Das Anwesen ist Teil des Limes gewesen und entsprechend imposant müssen die Ausmaße damals gewesen sein. Modelle haben das gezeigt. Die Grundmauern sind noch steinerne Zeugen und es ist schon komisch, wenn man darauf und darum läuft, sich vorzustellen wie für einige Jahrhunderte dort die Soldaten, Römerfamilien und die anhängenden einheimischen Baybaren gelebt haben. Es war sehr beeindruckend und gerne hätte man den ganzen Vormittag dort verbracht um über die Welt und deren Verquickungen zu sinnieren.
Aber die Donau und der Durchbruch riefen. Mit Ehrfurcht vor der Strömung und Bewunderung für die Felswände sind wir einsam und ruhig durch die Schlucht gerudert. Eine ganz malerische Kulisse war das! Schade für den Landdienst, die das nicht erleben durften.
König Ludwig der Erste mochte die Gegend auch und darum hat er, nach der napoleonischen Beherrschung und den diversen Schlachten eine Befreiungshalle auf dem Michelsberg bauen lassen. Damit wollte er die Einheit von Deutschland unterstreichen. Das hat danach noch eine Weile gedauert und sein Nachfolger Ludwig der Zweite war da weniger begeistert, der hat ja bekanntlich lieber schöne Schlösser bauen lassen und trägt somit bis heute erheblich dem Staatssäckel in Bayern bei. Der eine so der andere anders, aber alles wollen sie was bleibendes nachlassen und das ist heutzutage ebenso. In jedem Fall konnten wir den Ausblick auf den Bau, eine imposante runde Halle am Berg genießen.
Nach Kehlheim wars dann leider vorbei mit der Ruhe, denn es war Sonntag und die Donau ist ab dann schiffbar, zudem kommt der Rhein-Main-Donaukanal hinzu, was den Charakter des Flüsschens nachhaltig verändert. Zurück in der bewohnten Welt gleiten wir über den präparierten Fluss. Manchmal nehmen wir den originalen Flussverlauf, wenn die Schifffahrt umgeleitet wird. Dort ist es wieder prächtig.
Nach einer Pause mit asiatischem Mahl unter großen Kastanien gings gen Regensburg. Die einen im Boot die anderen im Auto, erstmal Holzbrücken entdecken, da gibt es ganz lange in Bayern. Ein dritter chauffierte den Bus mit Hänger zum Regensburger Ruderverein. Alles ging gut, dank Navi, und jetzt nur noch von der Straße zur Zufahrt zum Ruderverein einbiegen. Ganz schön knapp, vor allem da ein Audi TT im Weg stand. Es musste schnell gehen, vorne Verkehr, hinten Verkehr. Mit sicherer Hand, gut ausholen und mit Schwung rein. Zu 99% gelang die Aktion. Ein einfacher Wums ließ den Fahrer nicht unberührt und er musste feststellen, dass so ein Hänger halt doch einigermaßen lang ist und der TT eben nicht sehr flexibel. Dieser verflixte Audi TT aus Bulgarien stand im Halteverbot, denn unser Fahrer war nicht der erste der solch eine Situation meistern musste. Ärger über sich selber, Ärger über den Bulgaren, der den Unfall ja beinahe herausgefordert hatte durch seinen protzigen TT Parkauftritt… Die Stunden danach waren spannend, kein Fahrer, keine Polizei vor Ort, alles telefonisch, Blockade der Einfahrt etc. Darum! Ramm niemanden mit dem Hänger, das macht keinen Spaß.
Wir waren in Regensburg in der Nähe des Bahnhofes untergebracht und ein kleiner Ausflug in dieser Gegend war sehr ernüchternd, aber in der anderen Richtung, der Altstadt, da gabs was zu sehen. Am freien Abend gingen wir getrennt in kleinen Gruppen und genossen die bayrischen Spezialitäten in den urigen Gastwirtschaften. Eine der Teilnehmerinnen wurde sogar vom Bischoff von Regensburg höchstpersönlich mit Hut begrüßt. „Grüß Gott“ – ach wie schön ist es doch in Bayern.
Die Stadtführung am nächsten Morgen war prächtig. Es gab viel zu erzählen und zu verstehen über die Geschichte von Regensburg, so zum Beispiel, dass die Stadt bis zu Napoleon eine freie Reichsstadt war und erst danach den Bayern zugeschlagen wurde. Kein Wunder dass Ludwig der Erste das Denkmal im nahen Kelheim unter dem Motto Vereinigung hat bauen lassen.
Eine große Attraktion ist auch die „steinerne Brücke“. Schon ab dem Jahr 1136 strömt die Donau durch die Bogen der massiven Brücke. So schön und praktisch sie für die Landleute ist, für Schiffer war sie schon immer ein gefürchtetes Hindernis. Das Lied „Als wir jüngst in Regensburg waren“ dokumentiert den Respekt vor den Strudeln nach der Brücke. Der Sage nach werden die unverheirateten, unjungfräulichen Damen bei der Überfahrt von einem Nix in die Tiefe gezogen. Zum Glück hatten wir solche Damen nicht an Bord und somit waren nur noch die Strudel das Problem. Ernsthafte Überlegungen, um den Bereich weiträumig zu umschiffen wurden schlussendlich in den Wind geschlagen und die beiden Boote glitten majestätisch und ohne Wogen und Wellen durch die Gewölbe der Brücke und weiter.
Am Ende dieser Etappe kam dann die Walhalla in Sicht. Eine weitere Großtat des Ludwig des Ersten, der damit die Großen in der deutschen Geschichte würdigen wollte. Das klassische Gebäude steht erhaben am Berg und jeder ist beeindruckt, vor allem wenn man unter den Säulen und in der Halle steht. Die Großen lassen den kleinen Besuchern keinen Zweifel über die Verhältnisse der Macht. Einer Teilnehmerin ist deutlich aufgefallen, dass sich unter den hellen Köpfen doch auch sehr viele niederländische Gelehrte befinden. Dachte Ludwig an die Einheit? Ludwig der Erste liebte aber nicht nur das Große, aber auch das Kleine, darum musste auch schlussendlich wegen seiner Großzügigkeit gegenüber seiner Geliebten Lola Montez abdanken.
Am nächsten Tag ging es weiter, vorbei der Walhalla, immer noch sehr schön anzuschauen, Richtung Straubing. Die Boote hatten Spaß vor dem Motiv, aber danach gings weiter. Die Donau, breit und gut ausgebaut, da schaut man halt in die Ferne und was auffällt ist, dass entlang dieser Limes Grenze die Landschaft südlich komplette anders ist als nördlich. Im Norden die bewaldeten Hügel, im Süden der flache Gäuboden, ein reiches Landbaugebiet. Die Römer hatten ein Kastell und verteidigten den Limes gegen die von nördlichen Bergen eindringenden Barbaren. Nach den Römern kamen die Bajuwaren. Wir hatten auch eine Führung in diesen Ort und erfuhren viel über die weltliche Agnes Bernauer, die erst mit dem Fürst liiert war, was der Familie dessen aber nicht schmeckte und man sie dann in Abwesenheit des Gatten 1435 in der Donau ertränkte. Schaurig aber wahr. Die Bedeutung und den Reichtum der Stadt kann man heute noch in den Gebäuden und der Stadtstruktur erkennen, eine sehr schöne Stadt.
Den Abend der Ankunft in Straubing verbrachten wir beim Großwildjäger und Vorsitzenden des örtlichen Kriegervereins. Im frisch eingerichteten „Jagdstüberl“ hingen die Trophäen nur so rum unter anderem drei Köpfe von verschiedenen Gnus aus Afrika, wo der Herr des Hauses regelmäßig weilt. Aus Alaska hat er sogar einen Bären mitgebracht, der ausgestopft im Wohnzimmer steht. Den wollte aber doch keiner sehen. Ausgebreitet unterhalten mit dem Wirt konnte sich nur Thomas Bartsch, der solche Jagderfahrung anscheinend aus Baden-Baden kennt bzw. das nötige Einfühlungsvermögen für die Gedankenwelt des Großwildjägers hat länger aufbringen können.
Die nächste Etappe führte uns nach Deggendorf. Die Donau ist dann schon recht breit und wird imposanter. Von Deggendorf haben wir leider nur den Anlegeplatz gesehen. Als wir am nächsten Morgen von dort aus wieder starten wollten, war das Wetter komplett umgeschlagen. Es war kalt und nass. Eine Regenfront war sich gerade am Aufbauen und Dank sei Regenradar wurde entgegen dem Rat der Eisenharten beschlossen, die Fahrt abzubrechen. Die Meisten hatten doch keine Lust sich noch Stunden im Regen und Wind die Donau hinunter zu quälen, nur um die Isarmündung zu erspähen. Also haben wir alles abgeriggert und zusammengepackt und sind nach Rastatt gefahren. Dort, bei schönstem Wetter wurden am Nachmittag die Boote gesäubert und eingelagert.
Eine frohe, beeindruckte aber doch erschöpfte Mannschaft hat noch was zusammen getrunken und jeder ist seines Weges gegangen.
Es war eine sehr schöne, sehr harmonische Rudertour. Liebe Corina, vielen Dank für die erstklassige Vorbereitung und wie Du im Bericht lesen kannst, hat sich die Mühe gelohnt um die Arbeit mit dem Vergnügen zu kombinieren. Der kulturelle Teil war spitze. Aber auch das Rudern war schön und wir haben zudem schön gerudert, die Landschaft war prächtig. Nächste Tour ab Deggendorf, denn die Isar will ich noch erleben…
Fotos: Alle
Bericht: Uli Jung