Kategorie: Segeln

Schneeglöckchen Regatta 2025-ein wahrer Segelspaß für alle!

Am 5. und 6. April fand die inzwischen traditionell gewordene deutsch-franzözisch Schneeglöckchen Segelregatta beim Ruder Club Rasttat am Goldkanal statt. 35 Teilnehmer wurden Samstag mit viel Sonnenschein aber frustrierend wenig Wind begrüßt. Doch am Sonntag drehte sich das Blatt: Ein frischer, böiger Wind sorgte für spannende Herausforderungen, die das Können und die Kraft der Segler auf die Probe stellten. Doch wer die starken Böen und Dreher beherrschte, wurde mit rasanter Gleitfahrtpassagen und dem Nervenkitzel von beinahe Kenterung belohnt. Einigen blieb das Kentern nicht erspart und so musste schnellstens das Boot wieder aufgerichtet werden, um nicht aus dem Feld zu fallen. Begeleitet wurden die Segler von einem strahlend blauem Himmel.

In der ILCA 7 Klasse gewann Leon Zartl (Yacht Club Langenargen) vor Elia Armbruster (Konstanzer Yacht Club) und Christoph Weidemann (Ruder und Kanu Club Wörth). Die ILCA Klasse gewann Eva Deichmann (Wassersportverein Bergstrasse) vor Felix Vogt (Ruder Club Rastatt) und Gilles Betou (Societé Nautique bas Moselle).

Nach der Preisverleihung, dankte Regattaleiter Andreas Deckers dem Helferteam für der reibungslose Ablauf der Regatta und die Teilnehmern fürs Mitmachen und schicke dann die erschöpfte aber glückliche Segler auf den Heimweg.

Jahreshauptversammlung des RCR-Bootshaus grundsaniert

1000 Stunden ehrenamtliches Engagement schaffen Basis für die Zukunft!

„Was war das für ein Jahr! Unser Bootshaus strahlt wieder, Bootsstege wurden ertüchtigt. Sportlich lief auch alles rund“, stellte der Vor-sitzende des Ruder-Club Rastatt(RCR) Matthias Koerwer bei der Mitgliederversammlung fest. Als Mammutaufgabe wurde mit Projektkosten von 232 000 Euro das in die Jahre gekommene Bootshaus am Goldkanal auf Vordermann gebracht.
Die Koordinierung und Planung der Maßnahmen erfolgte an der Spitze durch Ralph Kastner, Kassier Konrad Roth, Grundstückswart Peter Schott, Hafenwart Egon Motzer und Matthias Koerwer. Elf Firmen wurden mit hochgerechneten 1000 Arbeitsstunden von Mitgliedern der Segel, Ruder- und Motorbootabteilung ehrenamtlich begleitet.
Egon Motzer und Ralph Kastner schilderten das Vorgehen bei der Sanierung. Man ging 2024 von einem Gesamtaufwand von 291 000 Euro aus. Darin enthalten waren neue Fenster, die Gebäudehülle, eine Photovoltaik-Anlage und die Dacherneuerung.
Wichtig war die vorab erreichte Befreiung im Rahmen der Photovoltaik-Pflicht-Verordnung durch das Landratsamt. Trotz der vollständigen Befreiung entschlossen sich die Planer 50% der Dachfläche zu bestücken. Letztlich waren es 57 PV-Elemente die in Eigenarbeit installiert wurden. Dazu kam ein Batteriespeicher von 22kWp.Doch zuvor ging es um das Blechdach. Dieses war in einem katastrophalen Zustand, wusste Egon Motzer zu berichten. Der Rost hatte in den letzten 60 Jahren ganze Arbeit geleistet. Das Dach wurde inklusive der Dämmung neu eingedeckt. Als wahre Puzzlearbeit stellte sich das Sortieren der Elektroleitungen heraus. Schließlich übernahm der RCR den neuen Hauptzähler und schloss Stromlieferverträge mit der Gaststätte, der Gemeinde Steinmauern und der Dammbaufirma ab.
Umfangreich fiel auch die Gebäudesanierung aus. Neben einer Fassadendämmung und Dachfirstsanierung wurden Fenster, auch für die Terrasse und die Eingangstür, er-neuert. Wichtig beim freistehenden Gebäu-de der Blitzschutz.
An Kosten fielen schließlich €232000 an, davon €104000 für das Dach und Photovoltaik. Der RCR brachte in die Projektkosten €136000 ein, €96000 kommen durch Zuschüsse. Egon Motzer als treibende Kraft der Sanierungsmaßnahmen stellte mit der Vorstandschaft fest: „Wir haben eine Basis für die Zukunft geschaffen!“
Trotz der Maßnahmen um das RCR-Bootshaus wurde der Sportbetrieb 2024 nicht gestört. Davon zeugten bei der Mitgliederversammlung die Berichte der Abteilungsleiter. Fürs Rudern berichtete Tilman Ruck von 46 000 Mannschaftskilometern. Zudem belegten die Rastatter Ruderer den ersten Platz im Land und elften im deutschen Kilometerwettbewerb. Für die Segelabteilung wies Ralf Rößler auf Elisa Kebschull hin, die Sportlerin des Jahres der Stadt Rastatt wurde. Motorbootwart Martin Brunner zeigte sich zufrieden.

Es wurden von Matthias Koerwer geehrt: Dieter Franck (25), Peter Schott (50), Elisa Kebschull, Gerhard und Maria Bauhöfer und Julius Stinner (40) (von links).

Text & Foto: Ruder-Club Rastatt

Sportlerin des Jahres 2024

14.03.2025

Elisa Kebschull ist Sportlerin des Jahres 2024

Rastatt. Bei der Ehrung der Sportler des Jahres 2024 konnte sich Elisa Kebschull gegen starke Konkurrenz durchsetzen und den Titel für sich gewinnen. Ihre herausragende Leistung als Deutsche Vizemeisterin in der Europaklasse hat nicht nur diesen Erfolg ermöglicht, sondern ihr auch die Qualifikation für die Weltmeisterschaft am Gardasee eingebracht. Dort wird sie sich im August mit den besten Seglerinnen und Seglern der Welt messen.

Leidenschaft und Ehrgeiz auf höchstem Niveau

Elisa Kebschull bewegt ihr Sportgerät durch ganz Europa – ein Beweis für ihren außergewöhnlichen Einsatz und ihre Hingabe zum Segelsport. Die Kombination aus Zielstrebigkeit, Motivation und der Freude am Sport zeichnet sie sowohl sportlich als auch persönlich aus. Sie beschreibt sich selbst als eine Person, die immer zur Stelle ist, wenn Unterstützung gebraucht wird:

Ich bin der Mensch, der immer zur Stelle ist, wenn jemand Unterstützung braucht – sei es mit einem Ohr zum Zuhören oder einer Hand zum Helfen.
Training und Einsatz: Der Weg zur Weltspitze

Ihr Weg an die Spitze begann schon früh: Als Jugendliche trainierte sie einmal pro Woche und an den Wochenenden, um ihre Technik und Ausdauer zu perfektionieren. Zahlreiche Regatten halfen ihr, wertvolle Erfahrung zu sammeln. In den Wintermonaten liegt der Fokus auf körperlicher Fitness, während ab April das Training auf dem Wasser beginnt – dieses Jahr direkt eine Woche am Gardasee, um sich optimal auf die Weltmeisterschaft vorzubereiten.

Segeln: Ein Sport voller Herausforderungen

Segeln ist weit mehr als nur der Kampf gegen Wind und Wellen. Es erfordert taktisches Geschick, Ausdauer und maximale Konzentration, denn bereits kleinste Fehler können die Platzierung entscheidend beeinflussen. Dazu kommt die Unberechenbarkeit des Wetters – eine Herausforderung, die den Segelsport so spannend macht. Aber nicht nur das Segeln selbst ist anspruchsvoll, auch die Logistik dahinter: Wie transportiere ich mein Boot? Wo schlafe ich? Wie vereine ich Training und Wettkämpfe mit meinem Job? All das sind Fragen, die für eine erfolgreiche Karriere im Segelsport eine große Rolle spielen.

Ziele für die Zukunft

Ihr Fokus liegt in diesem Jahr klar auf der Weltmeisterschaft 2025 am Gardasee. Eine konkrete Platzierung hat sie sich nicht als Ziel gesetzt – vielmehr möchte sie sich optimal vorbereiten und das Bestmögliche aus sich herausholen. Mit ihrer Einstellung, ihrem Ehrgeiz und ihrer Leidenschaft stehen die Chancen gut, dass sie auch in Zukunft auf internationaler Bühne Erfolge feiern kann.

Die Stadt Rastatt und der Ruderclub sind stolz auf ihre herausragenden Leistungen und drücken ihr die Daumen für die bevorstehende Weltmeisterschaft!

 

Text: D. Uhl Foto: M. Koerwer

Saisonstart der Finn-Segler

09.03.2025

Saisonstart der Finn-Segler am RCR – zwischen Badehose und Fastenbier

Letzten Sonntag war es endlich so weit: Die Finn-Segler des RCR haben die neue Saison eingeläutet! Bei strahlendem Sonnenschein und zwei Windstärken ging es zum ersten Mal aufs Wasser. Doch bevor wir uns den perfekten Segelbedingungen hingeben konnten, standen natürlich die allseits beliebten Saisonvorbereitungen an: Neues Material wurde eingebaut, die frischen Segel hochgezogen, und – vielleicht die schwierigste Entscheidung des Tages – die richtige Kleidung gewählt.

Hier offenbarte sich schon der erste Lagerkampf: Während die einen weise auf den Trockenanzug setzten, waren andere deutlich optimistischer unterwegs und erschienen in Badehose und Poloshirt. Die ersten Lacher ließen nicht lange auf sich warten – spätestens als die Sonnenanbeter im leichten Lüftchen doch etwas ins Frösteln gerieten.

Auf dem Wasser dann beste Bedingungen: Wir konnten unser Material ausgiebig testen, Probeschläge fahren und wertvolle Trainingsstunden sammeln – besonders wichtig für unsere drei mutigen Segler, die sich dem Abenteuer Europameisterschaft in Neapel stellen werden.

Kaum an Land angekommen, wurde natürlich das Tagesgeschehen ausführlich besprochen. Fachmännisch wurden die Manöver analysiert, während wir uns ein wohlverdientes Bier gönnten – selbstverständlich alkoholfrei, denn schließlich ist Fastenzeit. Der krönende Abschluss fand dann auf der Sonnenterrasse beim Wirt statt, wo ein saftiger Burger für die notwendige Stärkung sorgte und der Abend entspannt ausklang.

Ein perfekter Start in die neue Saison – mit Sonne, Wind, viel Gelächter und der ein oder anderen modischen Fehlentscheidung. Wir freuen uns auf mehr!

Text & Fotos: D. Uhl

 

HOCHANSTECKEND!!!

HOCHANSTECKEND!!!

Die neue Finn-Welle im RCR

Welche sind die essenziellen Aufgaben in einem Segelverein? Da wäre - logisch – zunächst das gemeinsame Sporterlebnis. Und natürlich Jugendarbeit. Doch ein weiterer wichtiger Faktor, der das Leben von Segelclubs nachhaltig prägt, ist die „Pflege“, das Engagement rund um die Bootsklassen. Die sind wiederum stark beeinflusst von Region, Größe des Segelreviers, vorherrschenden Wetterbedingungen und Klub-Demografie. In der Segelabteilung des RCR waren dies in den Sechziger-, Siebziger- und Achtzigerjahren u. a. 490er, 420er, 470er, FD und Korsar. Heutzutage zieren eher Einhand-Jollen das Gelände vor dem Klubhaus: Laser, Europe und seit einigen Jahren, mit deutlicher Steigerung: das Finn Dinghy.

Das Boot des Vorzeigeseglers

Wer sich ein wenig mit der RCR-Klub-Historie auskennt, der weiß: Die „Finns“ haben seit Jahrzehnten eine Sonderstellung im Regattaleben der RCR-Segelabteilung. Das liegt in erster Linie am wohl bekanntesten Segler unseres Klubs – Jürgen Eiermann. Er segelt seit mehr als 30 Jahren in der ehemals olympischen Klasse (1952 - 2020) zuverlässig ganz nach vorn bei nationalen und internationalen Regatten und steht beispielsweise als 58-Jähriger in der Finn-Rangliste 2024 auf Rang 4 (siehe Eiermann-Porträt). Und auch Thomas Finke hielt Ende der Neunzigerjahre neben Jürgen in der Finn-Regattawelt für einige Zeit die RCR-Flagge richtig hoch. Im RCR-Clubleben war schon in den Jahren davor Dieter Faass (+ 2021) der treibende Motor für die Finn-Klasse. Er rief etwa die unter allen Finn-Seglern beliebte „Osterregatta am Goldkanal“ ins Leben, die bis heute bis zu 50 Finnsegler aus ganz Deutschland und Frankreich anzieht. (Daniel, wie viele Boote sind das wirklich? Bitte korrigieren) . Trotz dieses „geballten“ Finn-Engagements waren es jedoch immer weniger Boote mit der berühmten Doppelwelle im Segel, die vom RCR-Steg zum Training ablegten. Jürgen und Thomas waren immer „auf Achse“ und der Nachwuchs interessierte sich eher für vermeintlich „coolere“ Jollen. Oder man war nicht kräftig genug, um in der Schwergewichtsklasse Finn einen Blumentopf zu gewinnen.

Von der Europe in den Finn

Doch all’ das änderte sich dank des Engagements eines RCR-Seglers, der bezeichnenderweise in der Federgewicht-Klasse Europe nur bei Windstärken ab fünf Beaufort Chancen auf vordere Plätze sah: Daniel Uhl. „Für mich fing es bei den Finns vor 7 Jahren langsam an. Ich hab’ das Bild noch genau vor mir,“ erinnert sich Daniel. „Die Saison war für mich eher bescheiden verlaufen, weil uns auf allen Europe-Regatten nur sehr wenig Wind vergönnt war. Bei der traditionell letzten Regatta der Saison auf dem Brombachsee das gleiche Bild: Der Rauch aus dem servierten Glühwein stieg kerzengerade auf. Trotzdem wurde gestartet, die Leichtgewichte logischerweise vorneweg und neben mir „trieb“ mein Kumpel Hobbes – ähnliche Größen- und Gewichtsklasse wie ich – über den See. Irgendwann schauten wir uns an und ich rief rüber: Es gibt nur eine Lösung… Er unterbrach mich sofort: Ich weiß, wir müssen Finn segeln! Zwei Segler, ein Gedanke: Wir wriggten Richtung Schiri-Boot, meldeten uns bei der verdutzten Rennleitung ‚wegen Wechsel der Bootsklasse‘ ab und versprachen uns, tatsächlich Nägel mit Köpfen zu machen.“ Der Rest ist längst „neue Finn-Geschichte im RCR“: Daniel verkaufte tatsächlich rasch seine Europe, besorgte sich zunächst einen älteren Finn „zum Anfixen“ und stieg dann mit der Hilfe und den guten Szene-Kontakten von Jürgen Eiermann kurze Zeit später auf ein konkurrenzfähiges Finn-Modell um.

Feuer und Flamme

Womit dem neuen Trend zum Finn im RCR der Weg geebnet war. Daniel: „Als Trainer der Opti-Kids habe ich selbstverständlich auch guten Kontakt zu deren Eltern. Einer davon war Andreas Franke – der ehemalige 470er-Kader-Segler lieferte sein Kind bei mir ab und saß danach unterbeschäftigt am Ufer, schaute segelsehnsüchtig auf den See. Also bot ich ihm für die Wartezeit meinen Finn an … und er fing sofort Feuer! Es dauerte nicht lange, da kam Andreas mit eigenem Finn vorgefahren, seitdem ist er nach Jürgen der zweiterfolgreichste Finn-Segler des RCR! 2024 schaffte er es bereits in die Top Ten der Finn-Ranglisten-Welle.“ Doch damit nicht genug. Bald war RCR-Mitglied Martin Deutscher, ehemaliger Olympia-Jollen-Spitzensegler, am neuen RCR-Finn-Trend interessiert. Schon nach den ersten „Schnupper-Schlägen“ auf dem Goldkanal war klar: Martin hatte sich infiziert. Kurze Zeit später lag statt seiner O-Jolle ein Finn auf dem RCR-Landliegeplatz. „Bei Bernd Kebschul, Vater unserer Europe-Spitzenseglerin Elisa und selbst etwas Gewichts-frustrierter Europe-Segler, sprang der Funke ebenfalls schnell über,“ freut sich Daniel. „Und Julian, der Jüngste in unserer Truppe, segelte früher in meiner Opti-Gruppe, stieg dann auf den Laser um, für den er irgendwann zu schwer wurde. Was lag da näher, als ein … Finn?“

Die nächsten potenziellen Finnsegler warten schon

Mittlerweile segeln acht RCR’ler auf der früheren olympischen Jolle. Zwar sind sie mit unterschiedlichen Ambitionen unterwegs – der eine kann mehr Zeit für Regatten opfern als der andere – „wir sind jedoch zu einer festen Größe in der großen Finn-Familie geworden“, unterstreicht Daniel. „Und die nächsten Aspiranten für eine Aufnahme in die RCR-Finn-Gemeinde warten schon!“ Inspiriert von den hervorragenden Leistungen des Jürgen Eiermann, und den tollen Ergebnissen des „Aufsteigers“ Andreas Franke waren sogar einmal (fast) alle RCR-Finnsegler gemeinsam am Start einer Regatta: in Plobsheim/Frankreich. „Um ein Haar hätten wir das Podium für uns gehabt,“ meint Daniel (Plobsheim 2024). So waren es „nur“ Rang 1 und 2 (Jürgen und Andreas) sowie „Für mich schließen sich nach fast jeder Finn-Regatta so manche Kreise,“ sagt Daniel. „Wenn ich gute Bekannte und Freunde aus alten Zeiten nach dem Zieleinlauf ausgerechnet beim „Europe-Kaffee“ treffe. Dann weiß ich, dass der neue Trend hin zum Finn nicht nur beim RCR wahrgenommen wurde! Und bei uns sicherlich weiterhin auf Begeisterung treffen wird.“ Übrigens, wer testen möchte, ob er oder sie nicht auch „reif für den Finn“ sein könnte – Daniel Uhl baut Euch gerne einen Finn für einen Probeschlag auf. Aber Vorsicht: Finn-Segeln ist hochansteckend!

Text: Michael K. ~ MiKu

 

Weitermachen. Immer weiter…

Weitermachen. Immer weiter…

Klar, jeder Segelclub hat seinen Vorzeigesegler. Das ist schließlich eine Frage des Selbstverständnisses und ein bisschen stolz auf die eigenen Reihen darf man ja auch sein. In der Segelabteilung des RCR haben wir Jürgen Eiermann – und der nimmt unter den Idolen einen Sonderstatus ein: weil er nicht nur zwischenrein mal ein paar Lorbeeren auf der Regattabahn erringen konnte. Sondern seit Jahrzehnten in verschiedenen Bootsklassen auf nationalem und internationalem Niveau ganz vorne segelt. Und mit seinen sportlichen und ganz persönlichen Erfolgen nicht nur den Jüngsten und Jugendlichen ein Vorbild ist, sondern auch von den etwas älteren Seglern reichlich Respekt und Bewunderung erhält. Doch schön der Reihe nach. Jürgen Eiermann kam im zarten Alter von acht Jahren erstmals mit Booten „in Berührung“ – mit Paddelbooten, um genauer zu sein. Darauf hetzte er gemeinsam mit seinem Bruder hinter den Segelbooten auf dem Goldkanal her, weil denen eigentlich sein besonderes Interesse galt: Wie funktioniert das mit dem Segel und dem Steuer und warum liegen die bei Wind schief? Der Vater wusste zunächst keine Antwort und war dann auch bald von der penetranten Nachfragerei so genervt, dass er über seinen Arbeitskollegen Kleinkopf (damals höchst erfolgreicher 490er- Segler) seinen beiden Jungs Zutritt zur Segelabteilung des RCR verschaffte. Im Gral des nordbadischen Segelsports angekommen, segelten die beiden Eiermänner konsequent gemeinsam auf dem 420er und wurden bald berühmt-berüchtigt wegen … nein, nicht wegen ihrer Regattaerfolge, die hielten sich nämlich sehr in Grenzen. Sondern wegen ihrer konsequenten Starkwind-Segelei – kaum bliesen über den Goldkanal mehr als vier Windstärken, machten die Gebrüder Eiermann ihren 420er flott und heizten über den See. In dieser Zeit entwickelte Jürgen eine innige Beziehung zur … Motorbootabteilung des RCR. Weil die MoBo-Herren während ihrer Wochenend-Frühschoppen immer einen Blick auf die beiden durchgeknallten, herumrasenden 420er-Segler warfen. Und diese regelmäßig mit den Rettungsbooten aus dem Wasser fischten, da sie irgendwann nach der x-ten Kenterung nicht mehr die Kraft hatten, das Boot aufzurichten.

Beste Freunde: Die MoBo-Abteilung

Soweit zum Anekdotischen. Denn danach wurde es ernst mit den Ambitionen des Jürgen Eiermann. Er sei einfach zu schwer geworden für den 420er, erinnert er sich heute. Also befasste er sich gar nicht erst mit Diäten oder sonstigen gewichtsreduzierenden Maßnahmen, sondern wechselte folgerichtig an die Vorschot des Flying Dutchman. Zu einer Bootsklasse, auf der reichlich Ausreitund Trapezgewicht gewisse Vorteile bringen. Diese Erkenntnis in Sachen Körpergewicht sollte Jürgen Eiermann übrigens während seiner gesamten seglerischen Karriere wie ein Motto beibehalten. Nach vier regattaintensiven Jahren am FD-Trapezdraht wechselte Jürgen in die (damals noch olympische) Starboot- Klasse zum Düsseldorfer Steuermann Rolf Beck. Vorhang auf fürs internationale Parkett: Jürgen segelte Weltmeisterschaften vor Rio de Janeiro, Europameisterschaften in Holland, World Cup in Italien, Bacardi- Cup vor Miami, Kieler Woche und und … Ende der Achtzigerjahre entdeckte er schließlich das Einhandsegeln. Zuvor in strategisch-beratender Funktion und mit der nötigen athletischen Energie immer als Vorschoter aktiv, musste sich Jürgen Eiermann nun auf seine ureigenen Steuerkünste, strategischen Entscheidungen und Körperkräfte verlassen. Und genau dieser Mix gelang ihm gelinde gesagt hervorragend!

Es kann nur eine Klasse geben: den Finn

Die erste Bootswahl war dann auch die genau richtige: Im Finn-Dinghy machte Jürgen nicht nur eine gute Figur, sondern weckte Talente, die ihn bald unter die Spitzensegler dieser (bis 2020 olympischen) Bootsklasse brachten. Drei Jahre im baden-württembergischen Kader sorgten für den gewissen Schliff danach Bundeskader in Kiel. Als man von Jürgen jedoch erwartete, dass er in den deutschen Norden für eine bessere Vorbereitung der Olympischen Spiele in Barcelona 1992 umzog, war die Antwort: „Nix da, ich mach einen auf Einzelkämpfer und gleichzeitig auf Familie!“ Was jedoch nicht bedeutete, dass Jürgen sich aus dem Finn-Business zurückzog. Er segelte weiter erfolgreich bei etlichen Welt- und Europameisterschaften, die Kieler Woche sah ihn als Stammgast. Drei Mal war Jürgen Eiermann Deutscher Vizemeister im Finn; wohlgemerkt die mit am härtesten umkämpfte Einhand-Jollenklasse der Welt! Und Hut ab vor Jürgens Sieg bei der Travemünder Woche 2021 und dem drittem Rang bei der Deutschen Meisterschaft 2022 vor Travemünde – als 56-Jähriger! Nebenher segelt Jürgen seit fünf Jahren noch auf dem 5.5er – einer Drei-Personen- Konstruktionsklasse – wo er kürzlich Vizeweltmeister wurde.

Kein Überleben ohne Segeln

Aufmerksame Leser werden sich mittlerweile gefragt haben, was bei den eingangs erwähnten „persönlich Erfolgen“ gemeint war. Es war schlicht der wohl größte Sieg des Jürgen Eiermann gemeint – im Kampf gegen den Krebs. Vor vielen Jahren wurde bei dem mittlerweile zweifachen Vater und dreifachen Großvater Lymphdrüsenkrebs diagnostiziert. Der zunächst nur schwer in den Griff zu bekommen war. Doch wenn es irgendwie ging, war Jürgen Eiermann auf dem Wasser. „Ohne Segeln hätte ich nicht überlebt!“ lautet seitdem Jürgens Mantra. Und heute, nach einer wiederholten Stammzellentherapie, fühlt er sich buchstäblich wie ein 26-Jähriger. Fit genug, um bei der nächsten Deutschen Meisterschaft im Finn auf dem Leichtwindrevier Bodensee teilzunehmen. Wofür er übrigens 10 kg abnehmen will – zumindest behauptet er das!

Der Opti steht bereit

„Schreib’ bloß keine Lobeshymne“, hat Jürgen dem Autor dieser Zeilen beim Info-Gespräch gesagt. Für ihn sei lediglich wichtig, dass seine Segelkarriere aufzeige, dass man mit Segeln in jedem Alter Erfolge haben kann. Und Segeln als Sportart auch für die nächsten Generationen weiterhin attraktiv bleibe – selbst fern aller Ozeane wie hier am Goldkanal. Und im Übrigen stehe der nagelneue Optimist für seine Enkelkinder schon bereit! Mal ehrlich: Kann sich ein Traditionsverein wie der RCR einen besseren Repräsentanten und Vorzeigesegler wünschen? Eben!

Text: Michael Kunst - MiKu