… die ungefähr vor 2,5 Millionen Jahren beginnt.
Das heutige Skandinavien und Teile der heutigen Nord- und Ostseeküste waren von großen Gletscherplatten bedeckt, welche die Topologie der heutigen Landschaft mit den Fjorden, und Bergen prägte. Unter Anderem entstand auf dem Gebiet des heutigen Schleswig-Holstein ein etwa 10 km langer Graben in Nord-Süd-Richtung… und als dieser sich mit Schmelzwasser zu füllen begann, entstanden am südlichen Ende zwei kleine Inselchen…
Wir machen einen großen Sprung in der Zeit!
Bis ins 11. Jahrhundert war auf einer - der größeren der beiden Inseln - das Hauptheiligtum der Göttin Siwa zu finden. Siwa war die Hauptgöttin der Polaben. Über diesen westslawischen Stamm gäbe es viel zu berichten, aber das würde zu weit führen. Wir wollen unseren Blick auf den Stammesführer des obodritischen Teilstammes dieser Polaben werfen. Sein Name war Ratibor. Als Stammesführer benötigt man natürlich eine Burg – nun war die größere der beiden Inseln, von denen wir gerade gesprochen haben, schon von Siwa besetzt, so dass Ratibor seine Burg auf der kleineren der beiden Inseln baute. Dieser Ratibor wurde von seinem Stammesleuten „Ratse“ genannt - und 1062 taucht dann Ratses Burg das erste Mal in einer Urkunde auf… wir sprechen also von Ratzeburg und dem Ratzeburger See.
Wir bleiben genau dort und springen 613 Jahre.
1675 wurde dort im Ratzeburger Schloß, welches leider nicht mehr existiert, als zweite Tochter des Herzogs Julius Franz von Sachsen-Lauenburg und der Pfalzgräfin Hedwig von Sulzbach ein kleines Mädchen geboren und auf den schönen Namen Sybilla Augusta getauft. Genau, der Name kommt uns bekannt vor – 15 Jahre später heiratet sie „unseren“ Markgrafen Ludwig von Baden und zieht schließlich 1693 ins schöne Rastatt.
Wir haben also eine Verbindung zwischen Ratzeburg und Rastatt.
Wir springen ins Jahr 1935 und kehren zurück nach Norddeutschland.
In Kiel wird Manfred Rulffs geboren, der später in Ratzeburg die Lauenburgische Gelehrtenschule besucht und dort unter Karl Adam rudern lernt. Manfred Rulffs wird zu einem der vielseitigsten und erfolgreichsten Ruderer. Legendär ist der Gewinn der olympischen Goldmedaille 1960 im Achter in Rom.
Jetzt machen wir nur „einen kleinen Satz“ in der Zeit.
6 Jahre später kommt seine Tochter Maike zur Welt, die nach vielen Stationen 1998 in Rastatt eine neue Heimat findet. Unsere zweite Verbindung zwischen Ratzeburg und Rastatt. Dass Meike im Jahr des 100jährigen Bestehens des RCR in Rastatt ankommt, ist sicher nur Zufall.
Jetzt ruht die Geschichte für 25 Jahre.
2023 taucht Meike plötzlich am RCR auf und möchte rudern lernen, nachdem Johanna einen Ruderkurs besucht hatte… Natürlich können wir davon ausgehen, dass Meike schon als Kind in Ratzeburg und in diesem „Ruderumfeld“ schon im Boot gesessen hat… sie konnte also schon rudern.
Und jetzt haben wir nicht nur eine Verbindung zwischen Ratzeburg und Rastatt, sondern auch zum Rudern.
Dass dies im Jahr des 125jährigen Bestehens des RCR geschieht, ist sicher auch nur Zufall – aber, gibt es so viele Zufälle???
Jetzt finden die losen Enden dieser Geschichte zusammen:
Maike organisiert eine Wanderfahrt rund um Ratzeburg. Zunächst rund um den Küchensee und dann über den Ratzeburger See und wieder zurück, dann - am nächsten Tag - von Ratzeburg nach Lübeck über den Ratzeburger See und die Wakenitz und schließlich am letzten Tag wieder zurück von Lübeck nach Ratzeburg über den Dom-See und den kleinen Küchensee. Wir haben ein wunderschönes und abwechslungsreiches Ruderrevier bei traumhaftem Wetter kennen gelernt. Weite Wasserflächen, ein Städtchen auf zwei Inselchen, umschlossen vom Wasser, Schilfgürtel, ein kleines beschauliches Flüsschen mit Seerosen und Libellen – Alles, was das Herz begehrt. Zu allem Überfluss sind wir am letzten Tag noch nach Niendorf an die Ostsee gefahren und haben einen Strandtag mit Fischbrötchen, Baden und Bier verbracht.
Das Highlight dieser drei Tage war aber nicht die Ruderrei oder das Bad in der Ostsee oder die tolle Gegend.
Nein, das war der Grillabend in Maikes Elternhaus, die phantastische Organisation der ganzen Fahrt, der herausragende Landdienst durch Harald, die Herzlichkeit mit der wir im Ratzeburger Ruder Club aufgenommen und betreut wurden. Ein großes Dankeschön an Robin, Eva, Corena und Ulrike, die uns sicher durch die uns unbekannten Gewässer steuerten, an Reinhard Grahn, der uns durch die neu renovierte und modernisierte Ruderakademie führte und nicht zuletzt an Lingolf, der uns mitgenommen hat auf einen kleinen Gang durch die Geschichte des Ratzeburger Ruder Clubs.
Insgesamt ein tolles Erlebnis diesen „holy ground“ besuchen zu dürfen und auf den Spuren von Karl Adam zu wandeln.
Und dann war da noch etwas, was mich wirklich sehr gefreut hat! – Gleich am zweiten Tag begrüßte uns zur Mittagspause ein wohlbekanntes lachendes Gesicht mit Lübecker Marzipan. Peter Möller hat uns empfangen. Mit Ihm haben wir dann auch noch am dritten Tag in Lübeck zu Abend gegessen und er hat uns noch zu sich nach Hause auf die Terrasse zum Frühschoppen eingeladen… Toll, ihn mal wieder gesehen zu haben!
Text & Fotos: Matthias Koerwer


