Paddeltour durch die „Rastatter Everglades“
Bei einer der letzten Seglertreffen machte ich beiläufig die Bemerkung :
Wir kennen die Adria von Rovinj bis Dubrovnik, die Kornaten und die Krka-Wasserfälle, einige die „dänische Südsee „
oder die Ostsee von Flensburg bis Travemünde, aber wer kennt schon die Rastatter Everglades? Erstaunte Gesichter,
als ich erklärte, dass sich hinter unserem Segelrevier ein ausgestrecktes Altrhein- und Überflutungsgebiet von Illingen
über Au bis Karlsruhe, ähnlich den Everglades ausbreitet ,das zum Erkunden mit dem Kanu sehr interessant ist.
Sofort wurde ich gebeten eine entsprechende Tour bei „Gelegenheit“ zu organisieren.
Die Gelegenheit bot sich dann am 07.07.2012.
Durch den langanhaltenden Regen war der Wasserstand des Rheines mit seinen Überflutungsgebieten um ca. 1,5 bis 2 Meter
angestiegen, so dass ein Paddeln durch die Altrheinarme und Überflutungsgebiete möglich war. Außerdem fand
auf dem Gelände des RCR ein dreiwöchiger Segelworkshop der Albert-Schweitzer-Schule aus Waldbronn statt,
die ein Mitglied des RCR als Klassenlehrer leitete. Dieser hatte zur Abrundung des Outdoorprogramms drei Kanus besorgt.
So starteten am 07.07 um 10 Uhr, sechs Segler der Sportgemeinschaft Stern aber diesmal nicht auf 40 Fuß Jachten,
sondern in kippligen fünf Meter Kanus im RCR-Jachthafen.
Bei strahlendem Sonnenschein wurde nach einer Paddeleinweisung zuerst im engen Hafenbecken Wenden auf engstem Raum geübt.
Danach ging es mit zügigen Paddelschlägern in Richtung Rheinzugang, vorbei an Segelbooten, die mit hängenden Segeln
in der leichten Briese vor sich hin dümpelten.
Nach ca. 2,5 km erreichten wir eine Stelle, an der der Goldkanal in den etwa 1,5 m tiefer gelegenen Baggersee überströmte.
Der Baggersee hat über das angrenzende Altrheingebiet Verbindung mit dem Rhein in Höhe Au, das flußabwärts liegt.
Aufgrund der starken Strömung mußten wir die Boote um diese Stelle herumragen. Wir überquerten den See und
suchten nach der Stelle, an der der Baggersee in das Illinger Altrheinwasser einmündet. Unter weit überhängenden
Ästen fanden wir den Eingang und fuhren mit leichter Strömung in das Altwasser ein.
Tiefe Ruhe umgab uns, nur das Zwitschern der Vögel oder die Schreie der Reiher, Kormorane, Gänse und Schwäne waren
in der Ferne zu hören. Wir beschlossen, die Ruhe zu genießen und uns von der Strömung oder nur mit leichten Paddelschlägen
ganz langsam treiben zu lassen. Wir trieben vorbei an den tief hängenden Ästen , entlang von Schilf , Gebüsch, abgestorbene Bäumen,
die wie moderne Skulpturen aussahen, und ließen die einzigartige Atmosphäre auf uns wirken. Wir fuhren zwischen umgestürzten Bäumen
und Schwemmholz, die die Fahrrinne teilweise versperrten hindurch, bis sich die Fahrrinne auf ca. 20-30 m weitete und wir wieder die Sonne
geniesen konnten. Wir entdeckten auch Seewasserzeichen, die den Paddelweg entlang des Altrheines auswiesen.
Wir bogen unter tief herabhängenden Ästen hindurch in das Überflutungsgebiete ab, sahen dabei Reiher, Kormorane
und Schwäne, die sich in die flacheren Uferzonen zurückgezogen hatten. Wir kehrten wieder ins Fahrwasser zurück, um die Tiere nicht zu stören.
Fünf Kilometern später erreichten wir die Mündung zum Rhein beim Alten Auer Zollhaus. Die Boote wurden an
Land gezogen und mit Sicht auf den Rhein wurde ausgiebig gevespert.
Unser Wetterspezialist Zoltran machte uns auf einmal auf eine Wolkenwand aufmerksam, die wie ein Blumenkohl
über der Französischer Rheinseite aufstieg ,sich immer mehr als schwarze , bedrohliche Wand ausbildete und bedenklich schnell näher kam.
Nun aber nichts wie weg! Im Eiltempo, Paddeln als olympische Disziplin, paddelten wir zurück. In der Eile orientierten wir uns auf dem Rückweg
nach den Paddelzeichen und fuhren promt in ein uns unbekanntes Gebiet ein. Nach zwei Abzweigungen gab es kein Durchkommen mehr.
Ich erinnerte mich, daß ich vor dem Start mein uralt Garmin GPS, das mich schon 20 Jahren auf meinen Törns begleitet hatte, zum Aufzeichnen
der Strecke und zur Entfernungsermittlung eingeschaltet hatte. Nun konnte ich es zur Navigation in unbekanntem Gelände verwenden.
Ich hatte den Weg als Plott aufgezeichnet und so konnten wir auf den alten Kurs zurückpaddeln. Wir paddelten ein Stück zurück
und auf einmal konnte ich auf dem Plott, 100 m Querab unserer Hinwegaufzeichnung finden. Nun mußten wir nur noch einen Weg durch den Wald finden,
endlich lichteten sich die Bäume und wir fanden eine Möglichkeit, auf den alten Weg in uns bereits bekanntes Fahrwasser zurück zu kehren.
Leider hatten wir durch unsereren ungewollten Abstecher wertvolle Zeit verloren. Das Unwetter stand nun direkt über uns!
Blitze zuckten und der Donner schallte zwischen den Bäumen wie in einer Halle ! Und dann öffneten sich die Schleußen!
Ein Tropenregen, wie aus der Gießkanne aber diesmal mit 3 mm Hagelkörnern ging auf uns herab! Naß bis auf die Haut suchten wir Schutz
unter einer tief ausladenden, bis aufs Wasser herabhängenden Weide. Nach 20 Minuten war der Spuk vorbei, und man glaubt es nicht, die Sonne kam wieder!
Die olympische Schnellpaddeldisziplin war vorbei und wir fuhren zügig zurück zum RCR zurück. Als wir ankamen waren unsere Kleider, durch die Sonne
bereits teilweise wieder getrocknet
Der Rest ist schnell berichtet: Wir reinigten die Boote gaben diese wieder zurück. Danach spendierte Helmut eine Flasche Sekt
aus seiner Jachtbar, die glücklicherweise am Goldkanal liegt.Es wurde noch einige Zeit geklönt, man machte auch die Bemerkung,
daß die versprochene Adventurertour auf den Rastatter Everglade doch sehr wirklichkeitsnah ausgefallen ist.
Es hat allen großen Spaß gemacht, nur der Tropenregen mit Hagel hatte man nicht gebucht.
Vielleicht gibt es eine Wiederholung, demnächst auf der Moder ! Es müssen also nicht immer 40 Fuß sein!!
Ich möchte mich bei den Teilnehmern für das Vertrauen und die Disziplin bedanken. Ebenso danke ich Herrn Löhlein
für das Ausleihen der Boote, denn ohne ihn wäre diese Tour nicht möglich gewesen.
Günter Schottmüller